#202

Liebe Melanie,

es ist Ostermontag - spät abends. Soeben habe ich die Projektpräsentation für unser morgiges Vernetzungstreffen fertig gestellt und auf's Laufwerk kopiert. Die Reisetaschen sind alle ausgepackt, die Betten frisch bezogen. Die zweite Wäsche spült gerade, die Uhr an der Waschmaschine zeigt: noch 40 Minuten. Die Familie schläft. Noch ne Zitronensaft-Schorle und dann kann es zumindest solange hier noch weiter gehen am Rechner. Mit aufgedunsenem vollgestopftem Post-Ostern-Körper. Mir ist so sehr nach Sport und Bewegung und auf jeden Fall auch danach, mich endlich wieder auf meinen Kram zu konzentieren. Aber ich bin müde und die Feierei am Osterfeuer baut sich nicht mehr so easy ab, wie noch vor 10 Jahren. Ausschlafen ist ja auch seit Kindi eh nicht mehr im Programm und dann ist da noch dieser vermaledeite wahrscheinlich schon wieder gebrochene Zeh. Ich bin so ungehalten darüber, dass ich so gern mit meinem Fuß-Mobilitätstraining weitermachen möchte und mich echt nicht so richtig traue. So, Komma, genug gejammert. Ich bin ja an allem dran. Alles eine Frage der Zeit. Und Ostern war schön. Alles harmonisch und irgenwie rund. Wetter geil, alle im Garten am abhängen, Tischtennis spielen, Musik hören, quasseln oder in der Hängematte rumdösen. Alle dabei, wie sie gerade dabei waren. So als sie selber. Ein kleines Festival auf Rasen. Warum meine Schwiegereltern sich nicht berufen fühlen, sich einfach mal dazu zu gesellen, weiß ich nicht. Das fiel mir im Nachgang so auf. Wo warn DIE eigentlich die ganze Zeit? Fühlen die sich nicht willkommen? Haben die keene Böcke auf uns? Die haben unsere Oster-Choreo auch gar nicht mitbekommen. Da waren sie schon weg vom Feuer. Was da wohl so im Argen ist? Müssen sie vielleicht extra eingeladen werden? Fragen über Fragen. Das Kindi war auf jeden Fall völlig frei und hat ihr Ding gemacht. Wir dürfen alle immer mal wieder staunen, wie sehr sie in den letzten Monaten gewachsen ist. Sie hat sich auf dem obligatorischen Spaziergang über das Neubaugebiet es Hundi geschnappt und ist mit ihr Gassi gegangen. Und hat sie auch von der Leine losgemacht und wieder dran gemacht, als es musste. Ein gutes Team die beiden. Und auch der Mann hat sich zusehends entspannt. Da darf ich ihn wieder hops nehmen und er lacht und fühlt sich nicht ständig angegriffen und genervt, sondern sieht hoffentlich, dass ich ihn im Grunde doch die ganze Zeit liebevoll hops nehme.

Jetzt so im zu Hause ankommen fällt mir auf jeden Fall wieder auf, wie VIEL Gedöns sich hier bei uns angesammelt hat. Es ist allerhöchste Zeit für eine gründliche Ausmisterei. Und den Notfallkoffer! Argh! Grumpf. Als hätte ich nicht genug Themen. Im Moment fliegt mir gefühlt alles vollkommen um die Ohren. Frau Dampf in allen Gassen.

23:36 Uhr - die nachtaktiven Nachbarn trampeln die Treppe hoch und runter. Was macht die Wäsche? Waaas? Die will noch 20 Minuten was tun? Nicht ihr Ernst.

Na, dann guck ich halt nochmal die Post durch. Jaja, da ist es ja das Schreiben von der Rentenversicherung. Mit der Feststellung meines Erwerbsstatus nach § 7a Abs. 1 SGB IV. Wichtig, wichtig. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwiegen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Bei allen vordergründigen Vorteilen, sozialversichert irgendwo angestellt zu sein, überwiegt meine Freude, diesen selbstständigen Weg zu gehen. Den kenn ich noch nicht. Den anderen hatte ich schon. Und das abgefahrene ist ja, dass wir da reinwachsen dürfen. Auch wenn sich dieses Rausfinden, wie was wo sich mir manchmal als ganz schön kleinschrittig und unübersichtlich darstellt und mir die Lenkung meiner Geschicke dann enorme Lässigkeit abverlangt, die ich insbesondere dann nicht habe, wenn ich Angst vor dem freien Fall bekomme. Boa, wattn Satz. Is spät. Zitronensaftschorle ist auch alle. Wäsche wäscht immer noch, die unbeirrbare Minna, der idiotische Automat. Ich muss dann immer an diesen Satz denken, den ich mal vor Jahren aufschnappt habe: "Unternehmergeist hat, wer in den Abgrund springt und das Fluggerät im freien Fall baut." Der hat mich eingeschüchtert, aber auch Sehnsüchte geweckt. Weil ich mir nicht sicher war, ob ich diesen Unternehmergeist wohl haben könnte. Vor allem dieser gefühlte Kontrollverlust, die Fäden zwar irgenwie noch an sich angeheddert zu fühlen, aber keinen Plan, wo man an dem Faden zupfen muss, um ihn irgendwie zu packen zu kriegen. Derzeitiges Fazit: Man gewöhnt sich an alles. (Brüller!) Gehen wir mal davon aus, dass das mit dem vorhandenen Unternehmergeist so ist. Das hilft mir schon gewaltig bei der benötigten Lässigkeit.

Piiep, Piiiiep, Piiiep... Maschine fertig. Gleich mal noch eine anwerfen. Trockner bestücken, die anderen Sachen eben noch auf die Leine. Dann ist das auf jeden Fall auch schon mal erledigt. Kindi geht morgen früh mit der Kindergruppe auf einen Ausflug zum Bauernhof und wir checken unseren neuen Zoom-Account? Micro-Microphone Check Can U Hear Me Check. Ich bin gespannt, wen wir morgen alles auf dem Vernetzungstreffen sehen werden. Ich freue mich auf später!

Yours, Maike

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