#198

Meine liebe Melanie,

was für eine beschissene Nacht. Die Familie hustet mal wieder. Wie kriegen die es hin, beim Husten weiterzuschlafen? Ich hab innerlich eine Hustenbonbon-Büffet-Marketing-Campagne entwickelt. Keiner wollte. Woran hat es gelegen?

Dicke Augen, Hirn brummt vom Comedians-in-Cars-getting-Coffee-Bingen. Bin voller Tatendrang. Ich hab Lust, was anzuleiern. Die Dinge sollen ins Laufen kommen. Ich will mich bewegen.

Es ist nicht viel Zeit diese Woche. Ich bin ab Donnerstag in Hamburg, Ausbildungsassistenz für conzendo. Und dann ist die Familie naturgemäß mit gebremstem Schaum unterwegs. Alle irgenwie bedürftig und maulig und ich sag dir noch was: Wir kommen aus diesem latenten Lagerkoller nich raus. Da ist seit vier Wochen der Wurm drin. Das erfordert Nervenstärke. Woher sollen wir die manchmal generieren? Manchmal ist es einfach nur ein haarscharfes Sektieren, was genau die Trigger sind. Wenn vor lauter Lagerkoller dazu überhaupt die Muße ist. Lagerkoller heisst ja auch ganz viel NEIN sagen zu Verhaltensweisen, die zwar aushaltbar, verständlich, aber nicht wirklich tolerierbar sind. Von allen Beteiligten. Und bei zuviel NEIN und zuwenig JA leidet die Truppenmoral. Und bei Truppenmoral ploppt mir sofort Kirk Douglas` Visage ins Hirn. "Paths of Glory" von Kubrik. Klassiker. Großes Kino. Wieso guck ich mir so wenig wirklich gute Sachen mehr an? Fühlen braucht Zeit. Ich vermute, dass ich mir keine Zeit nehme, zu fühlen, weil ich mich vor dem Ergebnis fürchte. Und das geht so nicht.

Das Wochenende in Braunschweig war ein absolutes Highlight. Es war ganz wunderbar, soviele bekannte Gesichter zu sehen und gemeinsam ausgelassen dem Straßenkarneval und dem Jeckentum zu frönen. Allein das mitten auf den sonst so befahrenen Straßen Rumgechecke katapultiert mich auf einer metaphysischen Ebene direkt in meine Kindheit zurück. Gefühlt war ich da ganze Sommer immer mitten auf der Straße. Badminton spielen und Kettcar fahren. ("Auto...!") Und überhaupt.

 

Breche ich mal das Schweigen, dass mich auf diesem Kanal seit dem Sommer ereilt hat.

Schreiben ist ja in gewisser Weise fühlen. Fühler befühlen.

 

Ich freue mich, bald von Dir zu hören!

Deine Maike

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