#196

Liebe Melanie,

kann Dir wieder schreiben, ich weiss jetzt, was mich auf diesem Kanal quält. Ich habe das Gefühl, nicht mehr frei sprechen zu können. Mit der Statusänderung auf geschäftsführende Gesellschafterin der klugeGÖREN gGmbH habe ich Hemmungen, über meine Ideen und Ansichten zu reden. Ich frage mich erst soeben, ob es nicht genau richtig und wichtig wäre, den Prozess der Firmeninhaberinnen-Werdung auch hier transparent zu machen.

Vielleicht müssen wir da einfach mal offen sprechen. Gern auch hier und miteinander.

In unserer Kommunikation ergeben sich durch unsere Firma nun völlig andere "spricht-man-nicht-drüber"-Ecken, die möglicherweise sogar zum Wohle anderer Menschen geknackt werden dürfen. Vielleicht ist es sinnvoll, Einblicke zu gewähren, um anderen Menschen die Furcht zu nehmen, selbst eine Unternehmung zu starten.

Du weisst, ich rede gern über zukünftige Möglichkeiten und Vorhaben und Strategien und Strömungen. Wieviel davon ist in diesem Briefblog erlaubt, wenn es am Ende des Tages schlicht darum geht, vom Kuchen auf jeden Fall ein hinreichend großes Stück zu sichern?

Oder was ist mit dem alltäglichen kleinen Scheitern? Was mit dem strategischen Scheitern? Also wenn ein Projekt nicht zustande kommt? Oder in anderer Form zustande kommt? Im Grunde würde ich manchmal so wahnsinnig gern von meiner inneren Haltung zu manch abruptem Kurswechsel Stellung nehmen. Oder mich oder Dich für einen geschickten Move öffentlich abfeiern. Ich fühle mich hilflos und beschnitten und aus diesem Grund sprachlos.

Und ich staune natürlich rast- und restlos, dass genau diese unerforschte Ebene der Kommunikation zunächst erst einmal zu Sprachlosigkeit führt. Anstatt genau auf den Zug aufzuspringen und zu benennen, was ist, so wie ich es seufzenderweise nun endlich tun kann. Ich wünsche mir nachwievor sehnlichst mehr Offenheit und Ehrlichkeit im Austausch.

Ist es ein allgemeines Tabu, dass man über die eigenen Beweggründe nicht spricht? Gibt es sie wirklich, die lauernden Mitbewerber:innen, die jede Idee sofort klauen und als ihre verkaufen? Ist die Furcht real? Ich bin so gar nicht drauf, weil ich das Konzept Mitbewerber:in in sich genommen total schräg finde. Nenn mich weltfremd und idealistisch (oder wie meine Mutter unlängst "kommunistisch". HA!): Jede Person oder Institution oder Gruppe, die ähnliches tut wie wir, kann doch nur ein Gewinn sein! Endlich nicht mehr allein auf weiter Flur zu sein, empfinde ich als was unglaublich Sicherheit stiftendes.

OK, also Du krist meinen Punkt, ich freue mich, wenn wir darüber ins Gespräch kommen.

Ich drück Dich und wünsch Dir viel Spaß beim Klassentreffen!  Bussi, Maike

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