#194

Liebe Melanie,

ich grumpfe, denn ich komm nicht hinterher.

Mein gestern geschriebener Brief ist due to technical reasons (welche auch immer, mir unklar) im Nirvana verschwunden. Was aber so die Quintessenz war, kann ich Dir in zwei Sätzen hoffentlich zusammen fassen. Ich verstehe, dass es nicht ganz einfach ist, Verantwortung zu übernehmen. Was ich aber verstehe ist, dass Verantwortung zu tragen gleichzeitig auch schon die Belohnung für die Mühe ist. Allein schon aus der sich ergebenden inneliegenden Freiheit.

So, und auf dieser Basis nochmal zurück zu der scheinbar unermesslichen Gleichgültigkeit Putins und allen an den Narrativen Beteiligten. Was mich an allem erbost ist, dass der Wert Verantwortung so wenig geheiligt wird. Und zwar die Verantwortung sich selbst gegenüber, den eigenen Entscheidungen gegenüber und dann auch die Verantwortung seinen Mitmenschen gegenüber. Ich bin traurig und hilflos, wir wird seit Wochen ekelig schlecht, wenn ich mir vorstelle, dass der von mir heiß und innig verehrten Verantwortung verächtlich Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Ich bin ja fest davon überzeugt, dass JEDER einzelne Mensch sich in jeder Sekunde seines Daseins dafür entscheiden kann, ob er dafür sorgen möchte, dass die Handlungsoptionen aller sich (über kurz oder lang) vergrößern oder ob er darauf scheißen möchte. Ersteres erfordert aus meiner Sicht das Vertrauen, dass sich alles lebenswert zurecht ruckeln wird. (Denn das wird es.) Und im Grunde läuft das ganze Dasein aus meiner Sicht immer wieder nur zu dieser Entscheidung zurück. Im Zweifel dafür sorgen, dass sich unser aller Handlungsoptionen ...  Ich kann doch unmöglich die einzige mit diesem Mantra sein! Es wird ja in den letzten Wochen immer mal wieder viel über "Haltung" philosophiert. Was ist da denn los? Wer hält sich denn wirklich mit einem ähnlichen Mantra an dieser entscheidenden Weggabelung nicht länger auf und wählt den Weg der größeren Verantwortung aus? Ich bin voller Zorn und kriege das noch nicht besser gegriffen als eben gerade.

Also Wladimir, fass Dir ein Herz und arbeite Deine Ängste ruhig auf. Keine Furcht vor der Angst. Und keine Furcht davor, Dir selbst möglicherweise kleiner zu erscheinen, als Du dachtest, dass Du seiest. Das ist am Anfang immer so und gibt sich. Ist alles normal und menschlich. Wir alle schützen uns.

Siehste, Mel, da schreib ich jetzt schon an ihn und nicht mehr Dir. Ich bin nur so sau wütend, denn der ganze Aufriss im Arsch bei dem Menschen verursacht so viel Leid. Den letzten Paragraph bringe ich dann einfach mal nach Instagram.

Ich drücke und herze Dich, Maike

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