#190

Sehr geehrte Anseitige,

 

ich frag mich gerade, ob meine Contenance ausreicht, dem Wahnsinn um uns herum gerade angemessen zu begegnen.

Read that sentence again, denn was heißt überhaupt "angemessen", wenn wir hier gerade Mikado mit Maßstäbchen spielen. Wie waren nochmal die Spielregeln? Gewonnen hat der, der möglichst viele hochwertige Stäbchen einsackt, ohne die anderen ins Wackeln zu bringen. Mein lieber Scholli, wieso darf das noch Mikado genannt werden, wo es doch längst schon Eiertanz ist. Da haben die Sackgänger gewonnen. Ich will jetzt nicht behaupten, dass wir verloren sind, aber "das da" muss aufhören. Ich bin schon wieder beim Gackern im Hühnerkostüm, weil mir manchmal in den letzten Tagen die Optionen ausgehen, wie ich mich innerlich dazu aufstelle. Will ich verdammen, runterspielen oder alles doch besser wissen? Brauch ich mehr Arroganz? Mehr Ignoranz?Ich will die Angst nicht weitertragen, will aber auch nicht hingebungsvoll die Planlosigkeit feiern. Das führt zu nichts Gutem. Und was heißt da überhaupt schon wieder GUT? Täterätätäää, brauch ich vielleicht doch mehr Contenance? (Waas, noch mehr Contenance?! I don't think so. Das geht nicht.) Es muss eine Haltung her, die diese Strudelei tragen kann. Und mir fällt mal wieder nicht anderes ein, als noch radikaler zu den eigenen Überzeugungen zu stehen. Himmel, scheisse, welche waren das nochmal? Im Zweifel mal zuhören. Empathie siegen lassen. Fokus aufs ehrliche Miteinander. Das hilft schon mal als erste Brücke in diesem Lüftekrieg. Im Kleinen klarkommen. Bei sich selbst anfangen. 

 

Ich hätte nicht gedacht, dass mein gefühltes Wischi-Waschi-alles-n-bisschen-und-nix-richtig-Dasein mal als Role-Model für Radikalität taugen würde. Ich finds absurd, aber wie oben schon festgestellt: die Maßstäbe sind halt durcheinander.

 

So, Cherie. Jetzt mal wieder Business. Ich finds supergut, dass wir uns zwei Jour-Fixes die Woche eingerichtet haben. Das bringt uns wieder näher an unseren eigentlichen Zweck ran. Top-Move. Im Grunde meines Herzens WILL ich all die unbequemen Fragen stellen und uns und unsere Motivation immer radikaler (HA!) in Frage stellen, um zufrieden sein zu können.

In dieser Radikalisierung unseres Ausdrucks liegt soviel Erleichterung für mich. Für mich ergibt es total viel Sinn, wenn ich anfangen darf zu forschen. Es ist für mich alleine kacke ohne Dich als Sparringspartnerin, denn meine Forscherei hat viel mit dem elenden, einsamen Tappen im Dunkeln zu tun. Wenn Du da bist, gibt es Hoffnung, denn es ist Leben da draußen. Das zieht sich so durch, wenn ich genau drüber nachdenke. Auch für die Bewerbung bei der Hausbesetzung in Braunschweig. Für mich braucht der Mensch ein DU. Was wiederum im Kern megabiblisch ist und mich immer weiter staunen lässt, wie christlich meine Wurzeln und Überzeugungen sind, ohne dass ich diese je gefördert hätte. Unser unerschütterlicher Super-Pastor ist schuld, dass ich Kirche mit anderen Augen sehe.

Apropos andere Augen: Nach wochenlangem Grübeln über unsere weitere Social-Media-Strategie und nach erfolglosem Graben, welche Art von Reels auf Instagram denn zu uns passen könnten, find ich die Idee des Videobotschaften-Austauschs einen guten Anfang. Von dort aus starten wir und gucken mal, was sich für ein Workflow ergibt. Wir sind wahrscheinlich ohnehin am besten bedient, wenn wir dabei bleiben, wir selber zu sein. Ist doch verrückt, dass nach Jahren der Beschäftigung mit ein und demselben Thema in immer anderen Ausprägungen am Ende so eine fucking scheinbar hirnverbrannte Plattitüde dabei rauskommt. Ich lach mich tot.

 

Tschüss. Ihre Regierung.

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