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Boa, Mella, mein Kind treibt mich gerade in den Wahnsinn. Es ist 22:19 Uhr, das Kindi sitzt jammernd mit verheulten Augen auf dem kalten Fußboden neben meinem Schreibtisch, ist erkältet, hat vor lauter innerer Anspannung ne total heiße Rübe und weigert sich, ins Bett oder auf das Sofa zu gehen. Ich habe jetzt die Karte "komplett auf stur schalten" gezogen und alles Wehklagen ignoriert, mich in meinen Produktiv-Kanal reinfokussiert und stumpf an der Webseite rumgedoktort.  Unsere Einladung zur Ausstellung ist jetzt auf der Startseite, die Buttons zu unsern Social-Media-Kanälen sind auch drauf. Vor drei Stunden waren sich alle einig: Ja, Bett ist ne hilfreiche Sache. Was auch immer da lost ist, nach der Gute-Nacht-Geschichte beim Licht dimmen springt das Programm "Mama, Augen zu machen ist aber so anstrengend." an und dann ist das Bett die längste Zeit ne hilfreiche Sache gewesen. Ich bin gefühlt durch jeden Trick, habe alles gesagt, alles probiert. War weich, verständnisvoll, beruhigend, war bestimmt und klar, kurz und knackig, bin auch schon wütend geworden, gleichgültig und hart, habe nach Luft gerungen, habe mit Engelszungen geredet und auch Konsequenzen aufgezeigt. Zum Beispiel, dass sie nicht mit nach Braunschweig fahren kann, wenn sie weiter krank ist. Und dass sie schlafen muss, um gesund zu werden. Das weiss sie alles. Aber es ist alles EGAL. Es ist egal. Und sinnlos, also gebe ich auf. Sie steht am Schreibtisch, hat den Kopf auf die Arme gelegt und ratzt jetzt im Stehen. Das haben wir jetzt seit einer Woche. KOTZ. Wo liegt der gottverdammte Scheißfehler im System?

Auch diese Ansage, dass sie ein Kind ist, dazu noch ein krankes und dass jetzt Erwachsenenzeit ist und die Kinder im Bett liegen und schlafen - ist wertlos. Ich bin jetzt einfach mal stumpf und mach, was mir gefällt ohne Empathie und ohne Rücksicht auf Verluste.

Apropos: Kind liegt zusammen gerollt auf meinen Füßen und schnarcht. Und ich gehe meine Optionen durch, was ich tun kann, wenn ich hier heute abend fertig bin. Ich hebe sie sanft auf und bringe sie ins Bett. Sie wird weiterschlafen und nicht mehr wissen, wie sie ins Bett gekommen ist. Oder ich lasse sie hier einfach liegen! Sie wird irgendwann aufwachen und mit dem Kopp an den Tisch ballern und nicht wissen, wo sie ist. Ganz fürchterlich schreien und traumatisiert auf jeden Fall im Bett schlafen wollen. Naaaa, das bringe ich nicht. Sie ist krank for fucks sake, nicht besoffen. Und ein Kind - Himmel noch eins. Wenn auch ein sehr dorschnnanneres. Seufz, es wird Variante 1. Aber erst nachdem ich Zähne geputzt habe. Solange darf sie da noch alleine liegen.

Ich finde es übrigens sehr gut, dass wir heute morgen über unseren Status Quo geredet haben und meine Umsetzungs-Überforderung ihren Raum bekommen durfte. Ich möchte noch anfügen, dass ich wirklich sehr gerne aufhören möchte, alles selbst machen zu wollen. Ich möchte viel lieber endlich da ankommen, wo ich schon längst sein will: Als Förderin guter Projekte mit tollen Menschen, die diese realisieren. So, erschöpft und tief traurig, da sich privat gerade alles so beschissen aufgekratzt anfühlt, das System reagiert wohl auf meine inneren Veränderungen. Ich kriege regelmäßig die Krise, dass sich in meinen Augen gefühlt ALLE IMMER verändern dürfen, aber wenn ich mal fundamentale Erkenntnisse umsetzen will, ist, gibts immer Stress im Paradies. Da darf ich echt noch wesentlich stoischer werden. Es ist gut, dass wir beide da jede allein durch den eigenen Sumpf gehen, aber immer noch einander haben. Dann ist der Drache nicht ganz so feurig in seiner Hohlheit. Ich drücke und umarme Dich. Kuss, Maike

 

PS: Kind war dann doch wieder aufgewacht und ich habe sie sanft ins Bett getragen. Und mit dem Matratzenkontakt ertönte wieder die MAMAAAAAAAAAA-Sirene und Kindi weinte bitterlich. Sich nach langen Minuten dann irgendwann in den Schlaf. Solange hab ich das einfach mal bewhitnessed. Was anderes bleibt mir nicht. Körperkontakt ist nicht erwünscht und stimmliche Anwesenheit wird unterbunden. Ich soll da sein, mich aber nicht kümmern und auch nicht einmischen. Dankbare Aufgabe. Dann habe ich mich aber wieder an den Schreibtisch verpieselt. Ein Instagram-Beitrag schreibt sich nun mal nicht von alleine.

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